von Antje Nagula
Es war einst meine Großmutter, die mir beibrachte, dass nichts im Leben selbstverständlich ist: Nicht das Bett in dem ich schlafe, nicht die festen Schuhe an meinen Füßen im Winter und nicht einmal das sichere Dach über meinem Kopf. Für alles hatte ich dankbar zu sein, nämlich Gott dem großen Vater, und danach meinem Großvater, und ihr natürlich auch und meiner Mutter, die sie alle für mich sorgen würden, damit es mir gut ginge.
Das führte dazu, dass ich schon ziemlich früh damit begann, dieses Gefühl zu verabscheuen: Dankbar sein zu müssen!
Für alles Mögliche, um das ich meist gar nicht gebeten hatte. Und mit zunehmender Pubertät lehnte ich in Folge dessen sämtliche Wohltaten kategorisch ab, die mir meine Familie angedeihen lassen wollte, denn sie anzunehmen hätte bedeutet, dass Dankbarkeit von mir eingefordert werden würde, die ich in Form von Gegenleistungen zu zeigen hatte.
Und ich haderte sogar mit Gott, der mich schließlich in dieses „beschissene Leben“ geschickt hatte und dafür jetzt auch noch bitte „was genau?“ von mir an Dankbarkeit erwartete?
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Dankbarkeit nur im Außen?
Diese Haltung führte dazu, dass mein Start in das Erwachsenenleben mit einer gehörigen Portion Wut startete und dem Glaubenssatz, dass nichts im Leben umsonst ist und dass meine stille Art, tief in mir einfach dankbar zu SEIN für mir erwiesene Wohltaten oder Geschenke, nicht gut genug oder ausreichend war.
Denn Dankbarkeit musste meiner Beobachtung nach immer im Außen gezeigt werden, und sei es nur in Form von unbedeutenden „kleinen Aufmerksamkeiten“ o.ä., die dann jedoch mit blumigen Worten überschwänglicher Heuchelei übergeben wurden, worauf grundsätzlich die stereotype und ebenfalls geheuchelte Rückantwort folgte: „Ach, das wäre aber doch nicht nötig gewesen!"
Verweigerte ich dieses Ritual, indem ich auf erwiesene Wohltaten mit einem schlichten „Danke!“ reagierte, folgte irgendwann später garantiert in leicht vorwurfsvollem Ton der Satz: „Du könntest ruhig ein wenig dankbarer sein!“ Aha. Erwischt. Je blumiger also die Worte, je größer also das Procedere, desto mehr Dankbarkeit würde zum Ausdruck gebracht? Nicht mit mir: Statt mich einfach anzupassen und zu geben, was sie von mir erwarteten, war ich wild entschlossen „diesen Zirkus“ nicht mehr mitzumachen und galt fortan als das undankbarste Enfant terrible der gesamten Familie.
Die Suche nach meiner Dankbarkeit
So ging ich also schon früh auf die Suche nach „meiner“ Dankbarkeit, denn ich fühlte untrüglich, dass sie da war, dass sie sogar sehr groß war und sich wie ein kostbarer Schatz in meinem Inneren verbarg. Aber eben ein Schatz, dem keine noch so blumigen Worte oder Präsente im Außen gerecht werden konnten und dessen „Sesam öffne Dich!“ niemals auf Verlangen, sondern ausschließlich aus mir selbst heraus möglich war.
So hatte ich z.B. einen großartigen Geigenlehrer, dem ich für das, was er mir gegeben hat, unendlich dankbar war. Er bekam für meinen Unterricht ein Honorar und er machte nichts weiter als einen guten Job. Aber für mich war es etwas unglaublich Großes, das er mir über einige Jahre hinweg schenkte und diese Dankbarkeit fügte meinem „inneren Diamanten“ eine wunderbare Facette hinzu.
Da ich auch später den Kontakt zu ihm bis zu seinem Tod in Form einer wunderbaren Freundschaft aufrecht erhielt, besuchte ich ihn, wann immer ich in meiner Heimatstadt war. Einmal im Sommer sagte er zu mir, warum ich einen alten Mann, wie ihn denn an einem so schönen Abend besuchen würde, der doch besser dazu geeignet wäre, mit einem jungen Mann ein lauschiges Rendezvous zu haben.
Da sah ich ihn an, und ich denke, dass das Licht jenes Diamanten in mir aus meinen Augen strahlte, als ich aus der Tiefe meines Herzens zu ihm sagte: „Weil ich Ihnen so dankbar bin!“ Wir schauten uns lange in die Augen und ich meinte sogar, dort eine Träne glitzern zu sehen. Danach haben wir nie wieder ein Wort darüber verloren. Aber wir umarmten uns zum Abschied lange und inniger als je zuvor und ich bin sicher, dass er meine Dankbarkeit in einer Tiefe gespürt hat, die kein noch so großzügiges Präsent ihm jemals hätte vermitteln können!
Dankbarkeit - eine wunderbare Blüte
Dankbarkeit ist nämlich eine wunderbare Blüte - der LIEBE! Heute weiß ich, dass die vielen kleinen „Erpressungsversuche“ meiner Familie nichts anderes waren, als das verzweifelte Verlangen nach Liebe. Liebe, die sie für sich nicht mehr finden konnten und deshalb versuchten, mir davon etwas als Dankbarkeit „abzukaufen“.
Denn Kinder haben natürlicherweise noch sehr viel davon und das spürten sie sehr wohl. Warum aber konnten sie meine Liebe, die in einer unschuldig kindlichen Form in überfließender Dankbarkeit zu ihnen strömte, denn nicht einfach spüren oder in meinen vielen Umarmungen und kleinen Gesten des Teilhabens an ihrem Tun nicht einfach erkennen und so annehmen, wie ich es halt nur zu geben vermochte, so, „wie ich eben war“?
Albert Einstein wird jenes Zitat zugeschrieben, das aufgrund seiner Klugheit tatsächlich von ihm stammen könnte: „Ich liebe Dich so wie ich bin!“ und man könnte diesen Satz fortsetzen mit „… und nicht so, wie Du es von mir erwartest!“
In meiner Familie fehlte es kolossal an Selbstliebe, da nur der „Dienst am Anderen“ ausgeübt, eingefordert und überhaupt erstrebenswert war. Dem entsprechend hoch war die Erwartungshaltung, denn „der Andere“ hatte dafür all das zu geben, was man sich selbst verweigerte und meine Großmutter ermahnte mich stets mit dem Bibelzitat „Liebe Deinen Nächsten!“ Als ich ihr einmal trotzig die Fortsetzung dieses Zitates „… wie Dich selbst“ entgegen fauchte, war sie sehr irritiert - und ich wieder einmal undankbar.
Dabei ist es so einfach: Wer die Liebe in sich selbst nicht nährt - was hat er dann dem „Nächsten“ eigentlich zu geben?!
Die Liebe in sich selbst
Wie aber nährt man denn die Liebe in sich selbst, wenn sie von Zeit zu Zeit nun einmal so ganz und gar nicht spürbar ist, und sich die gesamte Welt gegen einen selbst verschworen zu haben scheint?
Durch eigene Dankbarkeit! Eigenliebe und Dankbarkeit bilden einen sich selbst erhaltenden Kreislauf, der im Inneren Frieden schafft und dem Leben mit heiterer Gelassenheit begegnen lässt. Das ist der unschätzbare Wert, den uns das Gefühl der Dankbarkeit schenkt!
Woher aber soll man das Gefühl der Dankbarkeit nehmen, wenn doch da nichts zu sein scheint, was unserer Dankbarkeit wirklich wert wäre?
Es lohnt sich, danach auf die Suche gehen, denn tief in uns verborgen hat ein weiser Schöpfer das Gefühl von Liebe und Dankbarkeit unauslöschlich wie eine klare Quelle angelegt, mit der wir schon geboren werden, die jedoch manchmal für eine kleine Weile im Laufe des Lebens versiegt. Und niemand außer uns selbst vermag diese Quelle in sich wieder frei zu legen, damit Liebe und Dankbarkeit herausfließen können - und zwar nur so, wie eben jeder nun einmal individuell gestrickt ist!
Mein persönlicher Weg zur Dankbarkeit
Ich möchte Ihnen gerne berichten, wie mein Weg zur Dankbarkeit verlief. Denn viele Techniken hat man inzwischen gefunden, die dabei helfen können.
Dankbarkeit aufschreiben
Die einfachste Technik ist ein weißes Blatt Papier, auf dem man alles aufnotiert, wofür man dankbar sein darf und was an Gutem im Leben erkannt wird.
Tatsächlich hilft das manchen Menschen schon, sich diese „großen Geschenke“ des Lebens einmal vor Augen zu halten, wie eine Familie, Partnerschaft, Freunde, eine gut bezahlte Arbeit, ein Leben in Freiheit, eine gute Gesundheit etc.
Bei näherer Betrachtung kommen dann auch noch viele andere Dinge zum Vorschein wie bestimmte Talente, die uns in die Wiege gelegt wurden, erfolgreiche Projekte oder glückliche Wendungen und Begegnungen. Wenn das Papier dann voll ist und ein warmes Gefühl von Dankbarkeit sich breit macht, angesichts von so viel Glück und Wohlstand - dann herzlichen Glückwunsch! Genießen Sie dieses Gefühl und lesen Sie Ihre Liste so oft sie nur können um es immer und immer wieder zu fühlen!
Bei mir hat das damals aber leider nicht geklappt. Ich las meine Liste - und Enttäuschung machte sich breit: DAS haben doch alle anderen um mich herum auch!
Sogar noch viel besser, viel mehr davon und sogar schöner! Weshalb sollte ich dafür denn nun so besonders dankbar sein?
Also dachte ich an „die Armen“ und all jene in dieser Welt, die all das eben ganz und gar NICHT ihr Eigen nennen konnten - was mein nörgelnder Geist zumindest mit einem Gefühl von Erleichterung quittierte und einem frohen Hoffnungsschimmer, dass doch zumindest für mich noch nicht alles verloren war! Nun, das konnte ich zumindest als eine zarte Vorstufe der Dankbarkeit gelten lassen.
Dankbarkeit- Tagebuch
Als nächstes probierte ich es mit einem „Dankbarkeits-Tagebuch“, darin jeden Abend drei Dinge benannt werden sollten, wofür ich an diesem Tag dankbar gewesen bin. Meistens ging es ziemlich leicht, drei Dinge (und sogar mehr) waren immer schnell gefunden und ich legte mich danach sehr beruhigt schlafen.
Manchmal jedoch, wenn der Tag gar zu heftig gewesen und ich oft erbarmungslos mit mir selbst ins Gericht gegangen war, musste ich ganz schön ringen, um wenigstens auf die drei erforderlichen Umstände zu kommen. Die Zeit, in der ich dieses Buch gefüllt habe, hat tatsächlich etwas in mir verändert: Es hat mehr Ruhe und Gleichmut in mein Leben gebracht, ja, auch mehr Nachsicht und Selbstvertrauen. Aber das Gefühl … das große Gefühl der Dankbarkeit, wo war es nur?!
Dankbarkeits- Steine
Die dritte Technik, der ich mich zuwandte, waren die sogenannten „Dankbarkeits-Steine“. Dabei sucht man sich einige schöne Kiesel- oder Trommelsteine und steckt sie morgens in die Hosentasche. In dem Moment, wo mir etwas begegnet, wofür ich dankbar bin - wandert ein Stein in die linke Hosentasche. Am Abend sollten alle Steine idealerweise in der linken Hosentasche sein. Das habe ich ziemlich gerne gemacht, nicht nur weil die Steinchen so schön klapperten.Danke, mein Gott!
In dieser Zeit saß ich einmal am Strand, sah hinaus auf den Ozean und beobachtete das stete Kommen und Gehen der Wellen, lauschte diesem uralten Klang des Meeres, hörte Musik im Rhythmus meines Atems, schmeckte die salzige Luft, spürte den Wind in meinen Haaren und die Wärme der Sonnenstrahlen auf meiner Haut.
Und da auf einmal fühlte ich, wie sich ein feines Gefühl von Glück in mir begann zunächst ganz leicht zu regen, sich dann immer mehr auszudehnen, bis es mich schier überflutete, tief und warm und unsagbar weit und schön!
Ich fühlte mich vollkommen, fühlte mich im Einklang mit mir und eins mit der Welt, frei, beschützt und geborgen in einer Liebe, die viel größer war, als alles, was ich je zu erfassen im Stande war! Und da konnte ich gar nicht anders, da überwältigte mich ein Gefühl der Dankbarkeit für das unsagbare Glück, am Leben zu sein, hier auf dieser Erde in dieser Zeit, untrennbar verbunden mit einer Urkraft, die mich niemals im Stich lassen würde und die mich bedingungslos liebte so wie ich war:
„DANKE! DANKE mein Gott! DANKE, dass ich da bin!“ tönte es aus mir heraus in die Weite des vor mirausgebreiteten Ozeans und mir war, als lächelte das Universum zu mir zurück.
Mut zur Dankbarkeit
Mit dieser Schilderung möchte ich Ihnen Mut machen: Wie so viele Dinge im Leben ist auch die Dankbarkeit also etwas, das bewusst angeschaut, freigelegt und gepflegt werden will.
Und ganz sicher ist es etwas, das zur rechten Zeit am rechten Ort mit Worten ausgesprochen, unendlich heilsam sein kann. Doch viel wichtiger ist es, sie immer intensiver zu fühlen, zu empfinden und fließen zu lassen so, wie es uns entspricht.
Oft trage ich noch immer einen Stein in meiner Hosentasche, denn oft genug stürze ich hinunter in die Dunkelheit des Zweifelns und Hinterfragens. Doch immer schneller tauche ich wieder daraus hervor wenn ich ihn berühre, erinnere mich an jenen Moment von tiefer Dankbarkeit am Meer, fühle das Universum mir zulächeln und - bin dankbar.
Ich rede normalerweise nicht viel von Dankbarkeit und eher suspekt sind mir jene, die sie gebetsmühlenartig vor sich her tragen. Aber ich lebe sie in meinem Herzen und wer sich auf dieser Frequenz bewegt, der kann das spüren. Ich freue mich über jeden, der sich ebenfalls in dankbarer Art und Weise in der Welt bewegt, denn es zeichnet Menschen mit Achtsamkeit aus und davon werden es „dankbarerweise“ immer mehr!
All jenen jedoch, die immer noch jammern, klagen und lauthals schimpfen über die Politiker und die Zustände in unserem Land und in der Welt, in ihrem Leben und überhaupt - die sollten doch vielleicht einmal ein weißes Blatt zur Hand nehmen und aufschreiben, wofür sie dankbar sein könnten: Manchmal, tatsächlich, reicht das dann schon - oder ist zumindest der Beginn einer lohnenden Reise zu sich selbst!
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Kontakt:
Antje Nagula studierte Gesang und Darstellende Kunst mit Diplom und ist Produzentin eigener, spiritueller Musik in ihrem Label „AbwUnMusic“. Sie ist international zertifizierte Nada Yoga Lehrerin und ausgebildete Nada Brahma Tontherapeutin nach Sri Vemu Mukunda.
Im Rahmen der von ihr gegründeten "Nada Yoga Academy" erforscht sie das Wissen um die Eigentönigkeit und den klingenden Aufbau des Menschen. Für ihre Arbeit wurde sie 2014 mit dem „Mind Award“, einem Preis für Bildung und Neues Bewusstsein ausgezeichnet. Sie führt Bestimmungen des persönlichen Grundtons durch und gibt ihr Wissen im Rahmen von Seminaren und Einzelsitzungen zum Thema "Nada Yoga" weiter."
Bilderverzeichnis
- apfel-rund_fds-onlinemagazin: http://www.pixabay.com
- Ein Weg zur Dankbarkeit: Antje Agula